Der Gesang von Zikaden im Ohr
von Vittoria Burgunder Im Haus der Religionen erzählen Menschen mit Migrationshintergrund in Audio-Collagen, wie Heimat für sie klingt. Die Ausstellung «Ohren auf Reisen» regt dazu an, unserer Umgebung zuzuhören. Das Gerede der verhandelnden Menschen auf dem Markt, der Pfiff an einen Freund in der Entfernung oder das Rattern eines vorbeifahrenden Töfflis – es sind Geräusche, die Menschen, die aus einem anderen Land in die Schweiz gekommen sind, an ihre Heimat denken lassen. Marina etwa fühlt sich vom Gesang der Zikaden und dem Rauschen des Meeres zurück in die Ukraine versetzt. Hier in der Schweiz werde sie nun vom Vogelgezwitscher geweckt und könne dem Fliessen der Aare lauschen. In der Ausstellung «Ohren auf Reisen» im Haus der Religionen sind zwölf solche Hörporträts zu hören.Was tönt hier anders?
Entstanden sind die Audio-Collagen der Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Workshops mit Radiojournalistinnen. «Wo wir uns zu Hause fühlen, hat auch viel mit dem zu tun, was wir hören», sagt Projektleiterin Jacqueline Beck. In den Workshops sollten sich die Teilnehmenden deshalb fragen, was ihnen akustisch auffiel, als sie in die Schweiz kamen, und welche Klänge sie in ihrem Leben begleiten. Für Kristian aus Venezuela sind das die vielen Regeln, etwa dass man hier nicht jederzeit laut Musik hören darf.
An der Vernissage werden die Porträtierten die Live-Übertragung gemeinsam mit Radio RaBe gestalten. Die Ausstellung wolle anregen, Mitmenschen und der Umgebung mit offenen Ohren zu begegnen, sagt Beck. Denn hier würden Menschen erzählen, die sonst gefordert seien, sich an neue Umgebung anzupassen, Deutsch zu lernen – und oftmals zuzuhören. «Mit dem Projekt kehren wir den Spiess um und hören dem zu, was sie zu sagen haben.»