Opening: Peter Wüthrich - Les Mots
Bei all seiner Kunst geht Peter Wüthrich (*1962; lebt und arbeitet in der Region Bern) von Büchern aus. Auf die Idee kam er Anfang der 1990er Jahre, als er in einem Zürcher Brockenhaus an einem Buch «hängen blieb», angetan von dessen Ästhetik und Haptik. Seither liess ihn die Faszination an den ‘vielseitigen’ Objekten nicht mehr los, was sich in seinem ebenso umfangreichen wie komplexen Oeuvre widerspiegelt.
Virtuos und mit Sinn fürs Imaginäre, Verspielte wie Ernsthafte, transformiert Peter Wüthrich Bücher oder Teile davon – Umschläge, Buchtitel, einzelne Buchseiten, Ausschnitte sowie Buchzeichen – zu Kunstwerken. Es geht ihm um ihr Potenzial als Gegenstände, als Informationsträger und um ihren literarischen Gehalt. Auch wenn sie als solche nicht mehr lesbar sind, so sind sie doch immer real vorhanden. Das Sammeln von Büchern und – im übertragenen Sinn – von Inhalten beim Lesen, ihre existenzielle Bedeutung sowie die Vorstellungen und inneren Bilder, welche sich dabei einstellen, gehen mit Peter Wüthrichs Schaffen gleichsam einher. Immer wieder tauchen auch Werke der Weltliteratur in den Arbeiten des Künstlers auf: etwa als Titel auf seinen «Buchfaltern», ab 2009, die wiederum in Bezug zur umfangreichen Schmetterlingssammlung des russisch-amerikanischen Schriftstellers Vladimir Nabokov (1899–1977) stehen, der in den 1950er Jahren mit dem Roman «Lolita» für weltweites Aufsehen sorgte. Oder auf den Collagen «Les Fleurs du Mal», seit 2020, aus Buchzeilen der gleichnamigen Gedichtsammlung von Charles Baudelaire (1821–1867).
Peter Wüthrich spielt mit dem Facettenreichtum der Bücher, den schier unendlichen Möglichkeiten ihrer Verwandlung, und verleiht seinen Werken damit gleichzeitig Leichtigkeit und Tiefsinn, Poesie und Sinnlichkeit und nicht selten einen lakonischen Humor. Die Bücher machen verschiedene Metamorphosen durch, werden aneinandergefügt zu abstrakten Bildern, teils monochrom, teils wie gemusterte Stoffe, wofür auch die Leineneinbände sprechen. Andere übermalt oder besprüht der Künstler mit Farbe oder setzt sie aufgeklappt wie Vögel auf Stangen. Stapel von Büchern schichtet und türmt er zu Mauern und Gebäuden, und wieder andere verbaut er zu Häusern, die ebenfalls Romanen und ihren Autoren gewidmet sind.