6500 Stunden fürs Bühnenbild
Die Sommeroper Selzach bringt mit «Carmen» eine der berühmtesten Opern auf die Bühne. Zur Inszenierung von Maria Riccarda Wesseling gehören ein aufwändiges mechanisches Bühnenbild, eingängige Musik und eine Flamencotänzerin.
Der Welterfolg der Oper «Carmen», der bis heute anhält, blieb dem Komponisten Georges Bizet verwehrt. Er starb 1875, nur wenige Monate nach der Uraufführung, im Alter von 36 Jahren. Die Kritik, dass er mit der Tabakfabrik in Sevilla ein ärmliches Milieu zeigte und die Hauptrolle für eine Mezzosopranistin statt Sopranistin schrieb, dürfte er noch mitbekommen haben. Doch heute ist «Carmen» nicht mehr aus dem Opernrepertoire wegzudenken. Die eingängige Melodie der Habanera-Arie ist Kulturgut.
Die Sommeroper Selzach bringt den Klassiker nun in das Passionsspielhaus in Selzach – mit einem beeindruckenden Bühnenbild von Oskar Fluri. «Unsere Freiwilligen haben insgesamt 6500 Stunden am Bühnenbild gearbeitet», sagt Produktionsleiter René Gehri. Wenn sich die Zigarettenfabrik ad hoc in eine Stierkampfarena verwandle, dann seien Mechanik und Menschenkraft gefragt.
Carmen will frei sein
Im Unterschied zum Original spielt die Fassung der Sommeroper Selzach in den 1950er-Jahren. Und: In der Inszenierung finden sich ein Kinderchor und eine Flamencotänzerin wieder. Die chilenische Mezzosopranistin Deborah Saffery verkörpert die freiheitsliebende Carmen, die in der Zigarrenfabrik arbeitet. Den Offizier Don José, der Carmen bekanntlich aus Eifersucht ersticht, mimt der amerikanische Tenor James Kryshak. «Der Stoff hat leider immer noch viel Aktualität, wenn wir an die Femizide denken, von denen regelmässig berichtet werden muss», so Gehri.
Die musikalische Leitung übernimmt Kaspar Zehnder, ehemaliger Chefdirigent des Orchesters Biel Solothurn. Als Regisseurin wirkt die Schweizer Mezzosopranistin Maria Riccarda Wesseling, die selbst schon international als Carmen aufgetreten ist. «Da Carmen von einer selbstbewussten Frau erzählt, wollten wir aber unbedingt eine weibliche Regisseurin», meint Gehri dazu.
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