Barockzauber aus dem Benediktinerinnerkloster
Das Vokalensemble Voces Suaves gastiert erstmals mit eigenem Programm im Berner Münster – und singt dabei die Marienvesper der aussergewöhnlichen Barockkomponistin Chiara Margarita Cozzolani.
1602 als jüngste Tochter einer wohlhabenden Mailänder Kaufmannsfamilie geboren, tritt Margarita Cozzolani mit 17 Jahren in das Benediktinerinnenkloster Santa Radegonda ein. Dort erhält sie ihren geistlichen Namen «Chiara» und wird zur führenden Musikerin der Kapelle, komponiert mehrstimmige Psalmvertonungen und Concerti. Zwischen 1640 und 1650 erscheinen in Venedig vier Musikdrucke mit ihren Stücken. Cozzolanis Musik und die Gesangskünste der Mailänder Nonnen locken ein grosses Publikum zum Kloster, Gelehrte der Zeit kommen aus dem Schwärmen gar nicht heraus. Es ist die vielleicht erste richtig erfolgreiche Girlgroup der Neuzeit. Erst ein Verbot des Erzbischofs, dem das Treiben offensichtlich zu bunt wird, setzt der aussergewöhnlichen Musizier- und Kompositionspraxis im Kloster ein Ende.

Virtuos und farbenfroh
«Cozzolanis Musik ist wahnsinnig schön – virtuos und farbenfroh, voller Barockzauber», sagt Tobias Wicky. Er ist Gründer und Sänger des Ensemble Voces Suaves, das im Berner Münster die Marienvesper der aussergewöhnlichen Mailänder Komponistin präsentiert. Ihre Musiksprache sei in der Nachfolge Monteverdis zu lesen und sowohl sinnlich als auch satztechnisch brillant: «Cozzolani war offenbar über zeitgenössische Musiktrends bestens informiert und bereicherte diese mit originellen Elementen der Klangmalerei und Rhetorik.» Ganz besonders hört man das den bildhaften Vertonungen von Dixit Dominus und Magnificat an. Die achtstimmigen Vesperpsalmen Cozzolanis erklingen beim ersten Auftritt der Voces Suaves mit eigenem Programm im Berner Münster unter der Ägide von Michele Vannelli. Begleitet werden sie durch Violone, Theorbe und Orgel.