BKa N°10 – Off the Record von Milena Krstić
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BKa N°10 – Off the Record von Milena Krstić

Veröffentlicht am 22.05.2024
Milena Krstić
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Milena Krstić musste sich zwischen Journalismus und Musik entscheiden – sie wählte Letzteres, solo macht sie Sound als Milena Patagônia, im Duo als Cruise Ship Misery. Für die BKa schrieb sie trotzdem weiter, dies ist ihre letzte Kolumne. Die BKa dankt ihr und wünscht ihr in der Kunst und im Leben nur das Beste.

Meine «Kapi EP» war da schon veröffentlicht, SRF Kultur hatte auf Instagram darüber berichtet mit einem kurzen Video, das bis dato 29’400 Views hat, und die Presse von der Tageszeitung bis zur WOZ liess mich zu Wort kommen. Da checkte ich erst, wie absurd das alles war. Hatte ich mich nicht mein Leben lang dagegen gewehrt, als Jugo wahrgenommen zu werden? Nun ging ich damit an die Öffentlichkeit, mischte in meinen Liedern Serbisch, die Sprache meiner Eltern, mit Schweizerdeutsch, meiner Muttersprache.

Dabei hätte ich schon früher Möglichkeiten gehabt, auf den Zug aufzuspringen. Es ist nämlich einer, der schon lange fährt. Jugo-Diaspora-Literatur füllt ganze Regale in den Buchhandlungen und es gibt unzählige Filme, die sich damit auseinandersetzen. Erinnern Sie sich an die Ausgehphase hier in Bern, in der alle paar Wochen eine Balkan-Beat-Party stattfand? Am prominentesten war wohl die «Wild Wild East»-Reihe im Dachstock, der deutsche Musiker Shantel (Stichwort «Disko Partizani») war Resident DJ. Ich ging da kein einziges Mal hin.

Das war so um 2010 herum. Kürzlich feierte eine neue Reihe im Dachstock Premiere: «Kafana Madness». «Kafana», das steht hier für eine Bar, in der geraucht, getrunken und gefeiert wird. Sie ist Schauplatz von Dramen und Lust, die Kafana steht für Ausgelassenheit und Schamlosigkeit. Ich ging hin.

«Ich will herausfinden, wie mein eigener Balkan-Beat schlägt und lasse mich dafür von allen Stilrichtungen inspirieren: von traditionellen Liedern und Turbofolk bis hin zur aktuellen Popmusik.»

Dann kam die Anfrage, ob ich in der zweiten Ausgabe der Eröffnungs-Act sein wolle, für den Künstler Edo Maajka. Ich musste googeln, um herauszufinden, dass es sich um eine Rap-Grösse aus Bosnien handelt. Ich sagte zu. Die Balkan-Core-Feste von damals waren keine, an denen ich feiern wollte. Es scheint, als musste ich mir einen eigenen Zugang erschliessen.

Ich will herausfinden, wie mein eigener Balkan-Beat schlägt und lasse mich dafür von allen Stilrichtungen inspirieren: von traditionellen Liedern und Turbofolk bis hin zur aktuellen Popmusik. Ich schaue um jede Ecke, habe angefangen, auf Serbisch zu tiktoken und knüpfe Kontakte zu Menschen mit ähnlichen Erfahrungen. Ich liebte die Lesung der österreichischen Autorin und Satirikerin Toxische Pommes im Stauffacher und redete mit ihr bei Zopf und Suppe über unsere Erfahrungen mit dem «Jugo-Outing».

Diese Kolumne war für mich ein Gefäss, mit Ihnen meinen Weg zu teilen, Sie «off the record» mitlauschen zu lassen. Ich bespiele weiterhin meine Kanäle, produziere neue Musik und erreiche Sie hoffentlich damit. Danke, dass Sie mich gelesen haben und merci der Berner Kulturagenda für die Plattform und das Vertrauen. Sve najbolje, nur das Beste.

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