BKa N°14 – Szanto schwärmt für Growling, Apokalypse und Mundharmonika
Stephanie Szanto ist vielfältig: Die Berner Mezzosopranistin, Komponistin und Produzentin teilt die Bühne mit den grossen Orchestern, mag aber auch Jazz, Jodeln und R 'n' B. Mit ihrem Duo The High Horse nimmt sie sich missglückten Bravo-Hits an. Der BKa gibt sie Klassik-Tipps, die sich auch mal abseits der Konventionen bewegen.
Smalltalk ist so eine Sache. Man bemüht sich, stets elegant den Eiertanz um die heiklen Fragen herumzumachen. Doch wenn man beim Berufsfeld angelangt ist, kanns kompliziert werden. Aha, Musikerin? Erzählen Sie!
Doch auch Nichtberufsmusiker*innen kommen bestimmt nicht um diese Frage herum: Was hören Sie für Musik? Ich wette mit Ihnen, dass auch Sie schon sehr oft diese Antwort erhalten haben: «Ach, ich höre alles!»
Ich stichle dann jeweils ein bisschen nach: «Ah toll! Also auch Free Jazz, Heavy Metal, Klassik und Polka?» Da schaue ich stets in entgeisterte Gesichter. Schnell wird mir dann erklärt: «Nein, nein, das dann schon nicht. Einfach alles, was grad im Radio oder auf Spotify läuft.» Schon interessant, wie aus «allem» auf einmal etwas anderes wird. Das kleine Wort «alles» gibt mir zu denken.
Ich suche stets danach, Ungehörtes zu entdecken. Deswegen hätte ich diesen Sommer eigentlich an das berühmte Heavy-Metal-Festival Wacken gehen wollen. Die rhythmisch unfassbar virtuos und präzis gespielten Patterns sowie die teils neu entwickelten Gesangsstile wie Growling, Screaming oder Shouting lassen meine Kinnlade herunterklappen. Zudem mag ich auch den Humor der Metal-Szene und finde, kein anderes Genre hat so klingende Namen wie Betontod, Asenblut und Hämatom.
Es könnte ein (unrealistisches) Ziel sein, irgendwann am Lebensende sagen zu können: Jetzt habe ich alles gehört. Die Frage ist eher: Will man das?
Und Sie? Haben Sie auch schon alles im klassischen Segment gehört? Waren Sie schon einmal an einem Orgelkonzert? Wenn nicht, dann könnten Sie das beispielsweise in hochkarätiger Form im imposanten Berner Münster nachholen. Hausorganist Christian Barthen spielt im Rahmen der «Abendmusiken im Münster» ein einstündiges Programm mit Werken von César Franck und Marcel Dupré (Di., 23.7., 19 Uhr) .
Wer auf den Orgelgeschmack gekommen ist oder in einem Kurzkonzert mehr über dieses majestätische Instrument lernen möchte: Die Französische Kirche widmet der Orgel ein ganzes Festival, das «Estivales 2024» . Thematisch gefällt mir das Programm namens «Apocalypse» des Orgelstars Stefano Molardi besonders gut. In einem 40-minütigen Mittagskonzert könnte man der Hitze entfliehen und beispielsweise der von Molardi eigens für die Orgel verfassten Version des «Totentanzes» von Franz Liszt lauschen (Sa., 27.7., 12 Uhr) .

An folgendem Konzert könnte auch tatsächlich alles gespielt werden: Denn das Programm des Dozierendenkonzerts der Internationalen Musikwochen Spiez ist nicht veröffentlicht (Schloss Spiez. So., 28.7., 17 Uhr) . Warum nicht einmal ein Überraschungs-Ei der klassischen Sorte ausprobieren?

Und dann gibts da noch die kleine, charmante und ganz liebevolle Schwester der Orgel: Die Mundharmonika. Auch dieses Instrument wird oft vergessen, ist aber genauso faszinierend und berührend wie ihre riesengrosse Schwester. Leider gibts in der Klassik quasi nichts für sie, aber im grossartigen Blues steht sie natürlich im Rampenlicht. Unser Berner Blues-Harp-Virtuose Konrad «Könu» Rohrer spielt mit seiner Band Blues for your Pocket im Bären Buchsi (Fr., 2.8., 19.30 Uhr) .
