BKa Nº3 – Mosimann auf Wellenlänge mit Winnipeg
Sitzt er gerade nicht vor der Leinwand, dann ist Yannick Mosimann hinter der Kamera anzutreffen: Der Filmemacher, Fotograf und Klangkünstler ist multimedial unterwegs. Zum Film hat der Berner einen vielfältigen Zugang, er dreht experimentelle Kurzstreifen, aber auch dokumentarische Langspielfilme. Zuletzt «Normal Love» über eine vertraglich geregelte Liebesbeziehung. In der BKa berichtet er, wo grosses Kino läuft.
Die Französische Nouvelle Vague ist wichtig, das haben wir verstanden. Doch eine ebenso spannende, wenn auch weniger bekannte Bewegung entstand in den 1960ern: die Tschechoslowakische Neue Welle. In einem von Mangel und staatlicher Kontrolle geprägten Land nutzten Filmemacher*innen ihren kreativen Ausdruck als Protest. Ein herausragendes Beispiel ist Věra Chytilovás «Daisies» von 1966 – ein hedonistisches Werk, das sich radikal gegen die politischen Verhältnisse auflehnt. «Daisies folgt» zwei jungen Frauen, Marie I und Marie II, die mit Gesellschaftsnormen brechen, Chaos stiften und dabei Erzählkonventionen sprengen. Wer sagt: «Ich liebe Filme» und «Daisies» nicht gesehen hat, widerspricht sich, denn «Daisies» ist pure Liebe zum Film (Kino der Reitschule, Bern. Fr., 14.2., 20 Uhr) .

Erinnert ihr euch an «I Am Not a Witch»? Rungano Nyonis Debütfilm über die wenig bekannte Kultur der «Hexenlager» in Sambia war eine beeindruckende Mischung aus Gesellschaftskritik, Tragik und visuellem Zauber. Mit diesem Erstlingswerk prangerte sie die Unterdrückung von Frauen sowie die Korruption durch Tourismus, Medien und Aberglauben an. Nun kehrt Nyoni mit ihrem zweiten Film zurück, der im Kino Rex gezeigt wird: «On Becoming a Guinea Fowl» . Als Shula, gespielt von Susan Chardy, von einer Party nach Hause kommt, findet sie die Leiche ihres Onkels auf der Strasse. Während der Beerdigung kehren für sie und andere junge Frauen in der Familie traumatische Erinnerungen an seinen wahren Charakter zurück – solche, die andere lieber verdrängen würden (ab Do., 20.2., 20 Uhr) .

Adina Pintilies «Touch Me Not» aus dem Jahr 2018 ist ein provokantes, aber zugleich kindlich unschuldiges Werk über den entfremdeten Umgang mit dem eigenen Körper. Die Protagonistin Laura leidet unter extremen Berührungsängsten und sucht Heilung durch Sexualtherapien, experimentelle Selbsterfahrung und Begegnungen mit Sexarbeiter*innen. Der Film vermischt Dokumentarisches mit Inszeniertem, stellt gesellschaftliche Normen infrage und fordert eine tiefere Verbindung zu Körper und Intimität ein (Lichtspiel, Bern. Mi., 19.2., 20 Uhr. Weitere Vorstellungen im Kino Rex, Bern. Mo., 24.2., 18 Uhr und Mi., 26.2., 20 Uhr) .

Matthew Rankin beschreibt sein Werk als eine «autobiografische Halluzination». «Universal Language» spielt in einem Paralleluniversum in Winnipeg, in dem die Menschen Farsi sprechen und die Welt aussieht, als sei sie seit Mitte der 1980er-Jahre in der Zeit eingefroren. Diese Mischung aus autobiografischer Fiktion, surrealer Verzerrung und nostalgischer Ästhetik erinnert an «My Winnipeg» (2007) von Guy Maddin. Beide Filmemacher stammen aus Winnipeg und erschaffen in ihren Werken eine traumhafte, alternative Version ihrer Heimatstadt – ein Winnipeg, das gleichermassen real und erfunden ist. Der Film «Universal Language» ist ebenfalls im Kino Rex zu sehen (ab Do., 20.2., 18.15 Uhr) . Wenn wir schon beim Rex sind: Ein warmes Hallo und Willkommen an das neue Leitungsteam, Martina Amrein und David Fonjallaz! Ach, und ihr habt bestimmt genug Ideen – aber eine Guy-Maddin-Retrospektive wäre schon cool, oder?
