BKa Nº5 – Warum nicht... Stille vor den Worten?
Sie schreibt kein Wort zuviel – darum werde ich an jedem einzelnen hängen und mich davon forttragen lassen, wenn Judith Hermann das Berner Münster besucht. Die Berliner Autorin, die mich mit ihrer sprachlichen Kargheit oft an eine windige Meeresküste denken lässt, kreist in ihren Erzählungen und Romanen um Figuren, Landschaften und Emotionen. Wie eine Möwe, die sich vom Wind näher und weiter fort tragen lässt. «transzendenz.brief.vogel.brautkleid» heisst der Abend, den sie gemeinsam mit dem ehemaligen Hausorganisten Daniel Glaus gestaltet. In ihrem jüngsten Essayband «Wir hätten uns alles gesagt», in dem sie erstmals autofiktional schreibt, sinniert sie darüber, dass es lange dauere, bis sie beim Schreiben den ersten Satz fände. Das Schweigen und die Lücken vor und zwischen den Worten bedeute ebenso viel. Ich werde also auch auf die Stille vor der Stimme und den Orgeltönen horchen.