Breakdance als Bühnenstück
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Breakdance als Bühnenstück

Bühne Tanz
Veröffentlicht am 16.01.2024
Lula Pergoletti
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Am Playtime-Festival der Hochschule der Künste Bern sind über 20 Aufführungen aus verschiedenen Studiengängen zu erleben. Darunter das Breakdance-Stück «Flow», das sich mit Männlichkeit auseinandersetzt.

Stellt man sich eine Breakdance-Szene vor, sieht man eine Menschenmasse mit einem Kreis in der Mitte vor sich, in dem sich Tänzer*innen mit den typischen kreisenden Bewegungen vom Boden auf die Beine und wieder zurückschmeissen. Dazu laute, dröhnende Hip-Hop-Beats.

Dass Breakdance auch fein, sinnlich und weich sein kann, zeigt die Produktion «Flow» der Bieler Tanzkompanie Flowdue. Meret Wasser und Marc Ugolini haben es konzipiert. Mit dem Stück ist es ihnen gelungen, die vier «B-Boys» David Bächi, Fabio Aebischer, Noah Spahr und Simeon Röthlisberger an etwas Filigranes heranzuführen: An maskuline Verletzlichkeit, Männerfreundschaften und Vertrauen nähern sie sich mit dieser sonst eher rauen und ausladenden Tanzrichtung an. Dort liegt für die Bernerin Meret Wasser die Qualität des Stücks. Im kollektiven Durchatmen, sei es auf der Bühne oder im Publikum.

Wenig Brücken

Wasser ist freischaffende Tänzerin, Choreografin und Dramaturgin und leitet eine kleine Tanzschule in Solothurn. Sie absolvierte den Master in Performance an der Hochschule der Künste Bern (HKB), zeitgleich studierte sie an der Universität Bern Tanzwissenschaften. Ein ungewöhnlicher Weg, der aber durchaus neue Herangehensweisen an künstlerische Arbeiten zulässt: «Im Normalfall haben Forschende wenig Bezug zur Praxis und umgekehrt. In diesem Bereich gibt es nur wenige Brückenschläger*innen», sagt Wasser.

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Tänzerin und Choreografin Meret Wasser. © Marty Photo

Vom Kreis in den Raum

In «Flow» wird der Zustand des «Im-Flow-Seins» zur durchlässigen Membran, die immer auch ein Stück der Vergänglichkeit beinhaltet. Als würde die Unterbrechung den Fluss bedingen und umgekehrt. Und auch von der Inszenierung her pflegt «Flow» eine künstlerische Herangehensweise. Breakdance als Bühnenstück, mit klarer Ausrichtung im Raum. Dies sei eine der grössten und spannendsten Herausforderungen gewesen, so Wasser. 

«Während im zeitgenössischen Tanz oder im Ballett die Raumaufteilung meist relativ klar ist, wird im Breakdance der Raum komplett anders gedacht.» Hinten und vorne existieren nicht, man bewegt sich nur innerhalb des Kreises. Geführt werden die Tänzer von live gespielter Musik (Alex Ramseier und Christoph Morgenthaler), die klanglich im Ambient-Bereich zu verorten ist. 

Von Rhythmik bis Oper

«Flow» läuft im Rahmen des Festivals Playtime der HKB. Mit diversen Formaten will es eine Plattform für Austausch zwischen den verschiedenen Studiengängen von Klassik über Jazz bis hin zu Oper, Komposition, Sound Arts und Rhythmik sein. Zu hören und zu sehen sind klassische Musik, Produktionen aus der Oper und Rhythmik, experimentelle Kurzfilme und vieles mehr. Erstmals richtet sich der Blick des Festivals auch darauf, in welche Gefilde es die HKB-Abgänger*innen zieht – eben wie in «Flow» der HKB-Alumna Meret Wasser.

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Lula Pergoletti
Freie Autorin

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