Brüchig und brachial
Das Kunsthaus Grenchen präsentiert Malereien und Zeichnungen der bulgarischen Künstlerin Gergana Mantscheva. Ihre Werke, in denen grau-braune Tönen dominieren, zeigen dystopische Szenen von Ruinen, brutalistische Wohnhäuser oder letzte Porträts von Verstorbenen. Die Ausstellung «All Over» bildet ab, was übrig ist von den vergangenen Sowjetzeiten.
«All Over» bedeutet in der Malerei, dass Farbe flächendeckend aufgetragen wird, das Bild ohne ersichtliches Hauptmotiv und ohne räumliche Wirkung daherkommt – und über den Rahmen hinaus weitergedacht werden kann. Für die Künstlerin Gergana Mantscheva, die 1975 in der bulgarischen Hauptstadt Sofia geboren wurde und seit 2000 in Solothurn lebt und arbeitet, hat der Begriff und Ausstellungstitel des Kunsthaus Grenchen noch eine weitere Bedeutung: «Alles vorbei».
Vorbei, das ist nämlich auch die Sowjetzeit, welche die Künstlerin als Kind und Jugendliche geprägt hat. Um Identität und verlorene Heimat dreht sich denn auch ihre Arbeit. Sie malt mit Öl und Acrylfarben und lässt dabei vieles aus der Vergangenheit wiederauferstehen. Ihre Sujets sind einst gross gedachte Bauten, die jetzt Ruinen sind, Denkmäler, die verfallen oder Wohnhäuser im architektonischen Stil des Brutalismus.

Letzte Porträts
Der Liebe wegen kam Mantscheva in den frühen 1990er-Jahren erstmals in die Schweiz. Ab 1997 studierte sie in Sofia Kunst und liess sich nach dem Studienabschluss dauerhaft in Solothurn nieder. Robin Byland, künstlerischer Leiter am Kunsthaus Grenchen, präsentiert nun ihre erste institutionelle Einzelausstellung in der Schweiz. «Mir gefallen die technische Brillanz und die historische Dimension in ihrem Werk», so Byland. Wie ein roter Faden ziehe sich das Thema der Vergänglichkeit durch die Zeichnungen und Malereien Mantschevas.
Neben Beton ist auch der Mensch Sujet in Mantschevas Bildern. Besonders einnehmend sind die Bilder ihrer Serie «Letztes Bildnis». Es sind Porträts ihr unbekannter Menschen, die verstorben sind. Als Vorlage dienen ihr Fotografien. Inspiriert hat Mantscheva die Gepflogenheit in Bulgarien, den Verstorbenen mit kleinen Porträts an Bushaltestellen zu gedenken. Doch für die Ewigkeit ist auch dieses Gedenken nicht gedacht.
// Kunsthaus Grenchen
Vernissage: Sa., 22.6, 16.30 Uhr
Ausstellung bis 15.9.