Die Berührung von Tag und Nacht
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Die Berührung von Tag und Nacht

Bühne Tanz
Veröffentlicht am 04.04.2025
Joel Schreyer
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Bern Ballett begibt sich im dreiteiligen Tanzabend «Zwielichter» in die Dämmerstunde. Die Choreograf*innen Lesley Telford, Xie Xin und Marioenrico D’Angelo lassen Licht auf Dunkel treffen.

Jener magische Moment zwischen Tag und Nacht, bevor die Sonne auf- oder untergeht und jenes unvergleichbare Licht der sich stets wandelnden Farbverläufe am Himmel – das Zwielicht, es ist die Lieblingszeit des Choreografen Marioenrico D’Angelo. «Während des Tages überlegt man sich, was man alles machen muss. In der Nacht denkt man darüber nach, was man alles gemacht oder nicht gemacht hat. Doch im Zwielicht kann ich einfach sein. Ich verbinde mich mit allem um mich herum, komme zur Ruhe und bin ganz präsent», beschreibt D’Angelo das eigentümliche Gefühl dieser Zwischenzeit im Gespräch.

«Wenn du das Dazwischen beherrschst, begreifst du das Ganze»

D’Angelos Bühnenbild, Szenografie und sein Ensemble aus sieben Tänzer*innen haben etwas Wolkiges – hier ist alles in stiller Bewegung, ständig in Veränderung. «Man sieht etwas, erkennt eine Form – und im nächsten Moment hat sie sich schon gewandelt. Es geht um Kreation und Dekonstruktion.» Die Kraft des Tanzes liegt für ihn nicht allein in den überschwänglichen Gesten: «Was die grossen Bewegungen interessant macht, sind nicht die grossen Bewegungen selbst, sondern das Dazwischen. Wenn du das Dazwischen beherrschst, begreifst du das Ganze», konstatiert er.

Seine Choreografie fängt genau dieses Empfinden ein: den Übergang, den stetigen Wandel. Das Ziel scheint dabei nicht, die Gegensätze des Zwielichts zu betonen, sondern den fliessenden Transit zwischen Tag und Nacht, zwischen Angst und Freude, zwischen Gemeinschaft und Einsamkeit zu erkunden.

Vielleicht berührt ihn dieser Zustand des Übergangs deshalb so sehr, weil er sich selbst im Wandel befindet – vom Tänzer zum Choreografen. Noch bis zur letzten Spielzeit war D'Angelo Teil des Ensembles von Bühnen Bern. Neben seinem Stück zeigen Lesley Telford und Xie Xin zwei weitere Choreografien, die ihre je eigene Perspektive auf das Zwielicht eröffnen.

// Stadttheater, Bern

Premiere: Sa., 26.4., 19.30 Uhr. Vorstellungen bis 23.6.

www.buehnenbern.ch

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Joel Schreyer

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