Ein Märchen für die Gegenwart
Die Berner und Zürcher Kantorei singen im Münster über Wasser und Geist. Schwerpunkt des Programms ist die A-capella-Kantate «Die Sintflut» des Berner Komponisten Willy Burkhard.
Es ist erstaunlich, wie aktuell viele biblische Geschichten noch heute sind. Eine davon ist jene der Sintflut – es ist kein weiter Gedankenweg dahin, wenn man Bilder der vergangenen Tage aus dem Lötschental gesehen hat.
So hat auch das Konzert der Berner und Zürcher Kantorei im Münster, einen starken Aktualitätsbezug. Im Zentrum des Programms «Der Geist über den Wassern» steht Willy Burkhards Kantate «Die Sintflut» für achtstimmigen A-cappella-Chor, Op. 97. Burkhard wurde 1900 im Berner Jura geboren und war einer der markantesten Schweizer Komponisten des 20. Jahrhunderts. Seine Kantate auf den Genesis-Text in deutscher Übersetzung ist voller Dramatik, Auf und Abs, Intensität. «Es ist eine Achterbahn der Gefühle», sagt Johannes Günther, Leiter der evangelischen Singgemeinde Bern/Zürich und des Münster-Konzerts. Die Musik ist stellenweise hochkomplex, immer wieder auch plakativ – Burkhard habe sehr nahe am Text komponiert, «ein bisschen wie bei einer Märchenvorlesung».
Hoffnung und Trost
Die Parallelen zwischen dieser musikalischen Erzählung und heute sind offensichtlich, meint auch Günther: «Der Mensch vergeht sich an der Schöpfung und muss nun die Konsequenzen tragen.»
Trotz aller Ernüchterung schwingt aber auch Hoffnung mit – Hoffnung auf Bewusstwerdung und Besserung. Und bei aller Schwere: Es darf im Münster auch einfach darum gehen, schöne Musik zu hören. Neben Burkhards «Sintflut» erklingt etwa auch die doppelchörige, tröstliche Bach-Motette «Der Geist hilft unserer Schwachheit auf», BWV 226. Münsterorganist Christian Barthen ergänzt die A-cappella-Werke unter anderem um Burkhards berührende Partita «Wer nur den lieben Gott lässt walten».