Dieser Don Juan schrieb Ballettgeschichte
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Dieser Don Juan schrieb Ballettgeschichte

Tanz Klassik Musik
Veröffentlicht am 08.04.2025
Lukas Nussbaumer
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Jordi Savalls «Concert des Nations» bringt Glucks wenig bekannten Meilenstein der Musikgeschichte auf die Bühne des Casino Bern. Und eine Rameau-Suite, die über 200 Jahre auf die Uraufführung warten musste.

Die Musikgeschichtsschreibung ist bekanntlich anfällig dafür, gewisse Komponisten zu Halbgöttern hochzustilisieren. Vermutlich fallen Ihnen ein paar Namen ein. Doch es gibt auch den umgekehrten Fall. Bestes Beispiel: Christoph Willibald Gluck.

Der gebürtige Oberpfälzer wirkte in der Übergangszeit zwischen Barock, Rokoko und Klassik und revolutionierte nicht nur die Oper, sondern auch das Ballett. Sein «Don Juan», nach einem Libretto von Rainer de’ Calzabigi und der Choreografie von Gasparo Angiolini – 1761 in Wien uraufgeführt – gilt als erstes Handlungsballett. Zuvor hatte die Gattung als Hofkunst hauptsächlich repräsentativen Charakter.

Das Ballett über den Aufstieg und Fall des egomanischen Frauenhelden steht im Zentrum des Auftritts des legendären Orchesters «Concert des Nations» unter der Leitung von Barockaltmeister Jordi Savall, dem Experten schlechthin für historische Aufführungspraxis. Im Casino Bern erklingt «Don Juan» zu einer neuen Choreografie von Edward Clug. Das slowenische Nationalballett tanzt.

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Jordi Savall sorgt mit seinem «Concert des Nations» für barocke Höhenflüge. © Geri Born

Erzählendes Ballett

Ein Ballett, das eine Geschichte erzählt – wie geht das? «Die Musik ist oft deskriptiv, bildhaft, mit starkem Fokus auf Rhythmus», erklärt der Katalane Savall Glucks Kompositionsweise. Es komme zum Beispiel ein Fandango vor – ein sinnlicher, verführerischer Tanz. «Und wenn das Orchester pizzicato spielt, klingt es wie eine Gitarre.» Das Finale des Stücks, bei dem Don Juan in die Hölle gerissen wird, sei ein Paradebeispiel für musikalisch-narrative Ausdruckskraft.

Zweiter Programmpunkt ist die Orchestersuite aus Jean-Philippe Rameaus Oper «Les Boréades». Savall bezeichnet sie als «Inbegriff des französischen Barocks», doch auch Rameaus Werk gelangte nur verspätet zu Ruhm – die Oper wurde erstmals 1982, ganze 219 Jahre nach der Entstehung, in Aix-en-Provence szenisch aufgeführt.

// Casino Bern

Mo., 28.4., 20 Uhr

www.migros-kulturprozent-classics.ch

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Lukas Nussbaumer

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