Im Bild Nº4 – Rhoda Davids Abel: «Bittergoet/Bitter Things»
Ich betrete Raum 3 der Stadtgalerie im Progr. Sofort überkommt mich das Gefühl, einem Traum beizuwohnen. Ich bilde mir ein, einen Sommerabend zu riechen, die Luft ist von blühenden Blumen erfüllt, schwer und intensiv. Zirpende Zikaden, das Rauschen des Windes und leises Stimmengewirr ertönen im Hintergrund. Die Audiospur stammt von Feldaufnahmen aus Tansania und Südafrika.
In der Mitte des Raumes hängen drei weisse Gefässe in unterschiedlicher Höhe. Sie erinnern mich an die gespenstischen Wesen des japanischen Zeichentrickfilmstudios Ghibli, die lautlos über Land und Meer schweben. Wie Wolken. Wie Überbringer von Botschaften. Leichtfüssig und unheilvoll zugleich. Aus der Öffnung dieser wolkenartigen Behälter dringt weiches Licht. Das Licht beleuchtet, ohne zu streuen, einen Flecken Boden im sonst abgedunkelten Raum.
Die Laschen der Behälter sind mit kleinen Glocken, Schneckenhäusern und Verschlüssen von Aludosen bestickt. Hinter diesen kunstvollen Details steckt eine verborgene Geschichte. Sie alle sind Instrumente eines rituellen Tanzes, der von Heiler*innen praktiziert wird.
Die südafrikanische Künstlerin Rhoda Davids Abels bezeichnet ihre schwebenden Wesen als «leichte Gefässe für schwere Nachrichten». Und ich begreife, was sie damit meint. Ihre Installation «Bittergoet/Bitter Things» verbindet Mythen, spirituelle Bräuche und Rituale Südafrikas und Tansanias mit transgenerationalen Traumata und dem postkolonialen Diskurs. Die hängenden Wesen sind nicht nur inspirierendes Kunstobjekt, sondern auch Träger von Geschichten, Emotionen und Erinnerungen.