Ist das echt?
 
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Ist das echt?  

Ausstellungen & Kulturerbe
Veröffentlicht am 22.04.2024
Tabea Andres
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Die Abegg-Stiftung in Riggisberg eröffnet die Saison mit der Sonderausstellung «Augentäuschung – Textile Effekte und ihre Imitation». Sie dreht sich um Stoffe, die nicht immer das sind, was sie scheinen – und fragt nach dem Sinn hinter solchen Täuschungen.

Im Tier- und Pflanzenreich gehört das Imitieren zur Überlebensstrategie. Mimikry nennt sich die Fähigkeit, sich durch Tarnung und Täuschung vor Feinden zu schützen oder umgekehrt zu locken. Und auch in der Abegg-Stiftung wird Mimikry betrieben. Allerdings textile. Da fragen sich Besucher*innen der Ausstellung «Augentäuschung – Textile Effekte und ihre Imitation» nämlich, ob sie hier tatsächlich Samt anblicken oder vielleicht doch «nur» eine Stickerei?

Nicht alles Gold, was glänzt

Zu sehen gibt es etwa die Nachbildung eines roten Samtes, welches im Brüssel des 16. Jahrhunderts hergestellt wurde. Durch die Verwendung von Wollfäden in vier verschiedenen Rottönen sowie Goldfäden gelang es den Webern dieser Tapisserie, die Vogel-und Blumenmotive ausweist, das charakteristische Erscheinungsbild von kostbarem Samt zu erzeugen. Und selbst die für das Gewebe typische grüne Webkante wurde detailgetreu nachgeahmt.

Ein Chormantel, der zwischen 1430 und 1450 in Italien oder Spanien gefertigt wurde, ist wiederum tatsächlich aus einem grünen Seidensamt hergestellt. Zusätzlich aufgestickte goldene Muster verweisen bei ihm aber auf eine nicht vorhandene Goldbroschierung.

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Sieht nach Samt aus, ist aber «nur» eine Stickerei: Eine Tapisserie aus dem 16. Jahrhundert als textiles «Trompe-l’œil» in der neuen Sonderausstellung «Augentäuschung – Textile Effekte und ihre Imitation» der Abegg-Stiftung. © Abegg-Stiftung, CH-3132 Riggisberg (Foto: Christoph von Viràg)

Stoffige Täuschung

Die Abegg-Stiftung in den Berner Voralpen sammelt und erforscht historische Textilien. In der neuen Sonderausstellung behandelt sie sogenannte stoffige «Trompe-l’œils», die seit der Antike existieren. Die Ausstellung rankt um Fragen, wie genau solche Nachahmungen erzeugt wurden oder welche Möglichkeiten es gibt, die Imitationen von Auge zu erkennen. Und vor allem: Was wurde damit überhaupt bezweckt? Die Fressfeinde dürften hier, anders als im Tier- und Pflanzenreich, kaum der Grund dafür sein. Oder vielleicht doch? Die präsentierten Wandbehänge, Stoffe, Stickereien und Gewänder aus dem 4. bis 17. Jahrhundert verleiten zum genauen Hinschauen und Hinterfragen.

//Abegg-Stiftung, Riggisberg

Eröffnung: So., 28.4., 14 Uhr

Ausstellung bis 10.11.

www.abegg-stiftung.ch

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