Kunst zum Einatmen und Ausatmen
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Kunst zum Einatmen und Ausatmen

Ausstellungen & Kulturerbe
Veröffentlicht am 27.03.2025
Susanne Leuenberger
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«Ctrl + Alt + Relax» nennt sich die neue Ausstellung im Hauptsitz der Mobiliar. Der Achtsamkeitsparcours vereint Kunst, KI und Atemübungen – und macht empathisch.

Es gibt Orte mitten in der Stadt, in denen die Zeit in andere Richtungen zu laufen scheint – oder einfach langsamer wird. Solche Gegenräume sind die Offene Kirche beim Bahnhof oder der Botanische Garten. Eine Auszeit gewährt zurzeit aber auch der Berner Hauptsitz der Mobiliar am Hirschengraben. Im grosszügigen Erdgeschoss lädt die neue Ausstellung «Ctrl + Alt + Relax» dazu ein, den Atem zu beruhigen und die Gedanken zu sammeln. Gleich eingangs empfängt die spitzbübische Video-Kunst von Roman Signer, der gegen und mit der Zeit und den Elementen spielt, indem er ein paar Schuhe am schäumenden Rand eines Meeres in Brand setzt («Un passo verso il mare», 2016), oder auch mal einen Wald in blauen Dunst hüllt («Blauer Rauch», 2016). Und «Liquid Time», das 25-Minuten-Video von Monika Ursina Jäger aus dem Jahr 2022, lässt ephemere menschliche Gedanken und Gefühle in einen meditativen Bilderstrom aus Geröll, Wasser und Mooslandschaften diffundieren.

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«Liquid Time. An Earthly Archive of Weathering Thoughts», 2022 © Monika Ursina Jäger

«Ctrl + Alt + Relax» ist mehr als eine Ausstellung – es ist ein Achtsamkeitsparcours, der Kunst, KI und Atemübungen vereint. Während digitale Helfer im (Arbeits)alltag oft für Hektik sorgen, können sie auch zur Entspannung einladen. Kunst aus der grossen Sammlung der Mobiliar tritt dazu in Dialog mit Forschungsergebnissen des Mobiliar Lab für Analytik an der ETH Zürich.

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«Empathy Creatures» (2025) mit dem virtuellen Vögelchen. © Mélodie Mousset

Woher nur die Gedankenwolken?

Und so heisst es tief einatmen und tief ausatmen, denn eine Art Stirnband aus Plastik misst die Hirnströme: Je weniger Gedankenwolken sich hinter der Stirn zusammenbrauen, desto klarer zeigt sich der Nachthimmel auf dem Monitor, der die Aktivität der Hirnareale abbildet. Woher nur kommt dieser Nebel? Keine Angst, die Ausstellung bietet noch genug Einladungen, sich dabei zu beobachten, wie das eigene Körpersystem sich mit bewusstem Atmen herunterfahren lässt – und was sich dabei für neue Welten öffnen.

«Empathy Creatures» nennt sich die interaktive Installation der französischen Künstlerin Mélodie Mousset, die sie eigens für die Ausstellung konzipierte. Wer mit Virtual-Reality-Brille unter eine Art Baldachin tritt, findet sich im farbenfrohen Reich der Empathie wieder. Ein Vögelchen flattert durch die Luft – und reagiert auf den eigenen Stresslevel. Achtsames Atmen und gutes Zureden machen das virtuelle Tierchen zutraulich, sodass es sich mit etwas Geduld streicheln und füttern lässt. Empathie fühlt sich gut an. Warum nicht in der nächsten Mittagspause das Vögelchen versorgen?

// Die Mobiliar, Bern

Ausstellung bis 16.1.2026

www.kunst.mobiliar.ch

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Susanne Leuenberger
Redaktionsleiterin

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