Unendlichkeit im Gantrisch
Staunen über die Sterne auf der Uecht: Das «Space Eye Observatorium für Weltraum und Umwelt» richtet seinen Blick in den Himmel. Im aparten Mario-Botta-Bau befindet sich das grösste Teleskop der Schweiz. Auch tagsüber und bei Schlechtwetter sind dank Planetarium und interaktiver Ausstellung Reisen ins Universum für alle möglich.
«Das hueren All isch überall» hat Endo Anaconda mit Stiller Has einst gesungen. Besser als auf dem Längenberg bei Niedermuhlern, 1055 Meter über Meer, lässt sich das landauf, geschweige denn landab, nirgends erkennen.
Hier, mitten in der «Dark-Sky-Zone Gantrisch», öffnet das grösste Teleskop der Schweiz, das Space Eye Observatorium für Weltraum und Umwelt, nun seinen Blick zum Himmel hin. Nicht nur Vertreter*innen aus Politik und Presse, auch Weltraumforscher*innen sind beim buchstäblichen Eröffnungsanlass Mitte September dabei.
Das Observatorium, das von oben betrachtet tatsächlich die elliptische Form eines Auges bildet, fügt sich von der Erde her aus einiger Distanz sichtbar, aber doch unaufdringlich in die unversehrt grüne Hügellandschaft ein. Stararchitekt Mario Botta hat es gebaut.
Geburt und Sterben im All
Die Sterne selbst sind es aber, die man nun von hier aus beobachten und kennenlernen kann. Im Planetarium, das mit Weltraumsimulator in Überlichtgeschwindigkeit auch tagsüber und bei Schlechtwetter eine Reise zu fernen Galaxien möglich macht. In der interaktiven Ausstellung und bei einem Outdoor-Erlebnispfad, auf dem sich der Besuch des Space Eye mit einer Wanderung durch die umliegende Wald- und Wiesen-Landschaft verbinden lässt. Und vor allem mit dem Blick in den Nachthimmel, wenn das Wetter mitspielt.
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Mit dem schweizweit grössten Spiegelteleskop, das mit einem Superpuma auf die Plattform des Observatoriums gehievt werden musste, lässt sich zum Beispiel 390 Millionen Jahre in die Vergangenheit schauen, wo ein Stern stirbt, umflort von einer Gaswolke. Auch die Geburt von Sternen gibt es zu entdecken. Diese liegt gar 13,7 Milliarden Jahre zurück, als alles begann. «Diese tiefe Vergangenheit gibt Auskunft über die mögliche Zukunft von allem», erklärt Thomas Schildknecht von der Universität Bern am Eröffnungsevent. Sein Wunsch, ja seine Hoffnung sei, dass es dem Observatorium gelinge, ein Bewusstsein fürs Staunen und die Fragilität des Lebens auf der Erde zu vermitteln.
Auch Astrophysikerin Kathrin Altwegg, lange Zeit eine der wenigen Frauen in der Weltraumforschung, ist am Opening Day dabei. Ihr Anliegen ist es, mehr junge Frauen* für ein Studium der MINT-Fächer zu gewinnen: «Die Faszination für die Schönheit des Universums kann ein Einstieg sein.» Diese gebe es hier im Space Eye zu bewundern: «Kommen Sie immer wieder», meint sie auch zur Reporterin.
Kinder und Jugendliche, auch nichtmännliche, für MINT-Fächer zu begeistern, ist eines der Ziele von Space Eye. So gibt es das interaktive Vermittlungsangebot «Kids in Space». Hier teilt Sternenkind Nova, eine Figur ohne klar zugeordnetes Geschlecht, sein Wissen übers Universum. Doch richtet sich das Angebot des Space Eye an alle Altersgruppen. Fortgeschrittene Hobbyastronom*innen können bei «Star Expert» an nächtlichen Himmelsbeobachtungen teilnehmen.
Wettlauf gegen künstliches Licht
Doch ist das Gantrisch-Gebiet lichtfrei genug, um wirklich gut in die Tiefe des Alls zu sehen? Europa sei allgemein zu lichtverschmutzt, erklärt der theoretische Physiker Willy Benz, Präsident der Internationalen Astronomischen Mission, beim Gespräch. Darum forschte der heute emeritierte theoretische Physiker in der chilenischen Wüste, wo heute die weltweit grössten Teleskope stehen. Doch auch in der vermeintlichen Einöde hält die Zivilisation mit Strassen und Lichterketten Einzug: «Aufnahmen, die vor drei Jahrzehnten mit weniger guten Geräten gemacht wurden, waren klarer», erklärt er.
Astronomie ist also ein Wettlauf gegen künstliches Licht. Und gegen die Zeit. Und den Raum, wie wir seit Einstein wissen. Denn das Universum expandiert nach neuesten Erkenntnissen weit schneller als bisher angenommen. Der Blick zu den Anfängen des Alls rückt in die Ferne. Was bleibt, ist der Traum, mehr zu erfahren. Auch darüber, ob es Leben ausserhalb der Erde gibt. Wie weit die Forschung damit ist, gibt es ebenfalls im «Space Eye» zu erfahren.