«Was zählt, ist nur der Moment»
Der aus Bhutan stammende Gitarrist Tashi Dorji lässt bei bee-flat im Progr seinen Improvisationskünsten freien Lauf. Zu seinem besonderen Musikstil fand er in den USA.
Um die halbe Welt reisen, um seine musikalische Sprache zu entdecken: davon kann Tashi Dorji ein Lied singen. Oder besser ein Stück spielen, denn der Bhutan-stämmige Musiker ist einer der versiertesten Improvisationskünstler an der akustischen und elektrischen Gitarre. Seine Musik klingt unkonventionell, für das westlich geschulte Ohr manchmal schräg, unrein. Aber sie hat eine unvergleichliche Energie – sie packt einen, wahrscheinlich gerade wegen der Unberechenbarkeit.
Tashi Dorji kam Anfang der 2000er-Jahre in die USA, weil er von der Musik dort fasziniert war. «Ich liebte den alten Blues, zum Beispiel Robert Johnson – aber auch die 1990er-Bands wie Nirvana, Smashing Pumpkins oder Pearl Jam», sagt der Gitarrist, der die amerikanische Musik in Bhutan vor allem über Bootleg-Kassetten und CDs kennenlernte. In den USA kam er dann in Berührung mit den Untergrund-Szenen – Punk-Rock, Experimental und schliesslich improvisierte Musik.

In dieser fand er zu seiner eigenen Handschrift. «Es geht mir dabei vor allem um das Klangliche – Dynamik, Texturen, Räumlichkeit», sagt Tashi Dorji, der seit vielen Jahren in Asheville, North Carolina lebt. Seine Musik hat eine meditative Qualität, die zu seiner buddhistischen Herkunft passt, wie er selber beschreibt: «Was zählt, ist nur der Moment. Ich folge quasi dem Prinzip der Vergänglichkeit – nichts bleibt gleich, alles ändert sich.»
Dieser Zugang scheint für den einzigartigen Gitarristen zu fruchten – seit 2006 hat er über 80 Aufnahmen veröffentlicht. Die volle Kraft von Tashi Dorjis Musik entfaltet sich aber erst live, ganz im Moment.